Die Apfelkiste ist komplett
FC Hagen/Uthlede feiert nach 4:1 in Emmendorf die Landesliga-Meisterschaft und den Aufstieg in die Oberliga
Fußballer sind abergläubisch und brauchen Rituale: Erst den rechten Schuh anziehen, dann den linken. Den Platz immer erst mit einem bestimmten Bein betreten. Nach dem Torerfolg das Tattoo küssen. Beispiele gibt es viele. Manchmal verselbstständigt sich ein gewisses Ritual auch. So mutete es für den einen oder anderen Zuschauer wohl etwas seltsam an, was da am Sonnabend gegen 18 Uhr auf dem Fußballplatz des SV Emmendorf passierte.
Glückselige Fußballer in nagelneuen Meistershirts machten einen großen Kreis um zwei grau lackierte Apfelkisten voll mit grünem Plastikobst und steckten dann – grölend, jubelnd und singend – drei weitere Äpfel in diese Box. Geradezu pathetisch wurde dieser Vorgang dabei zelebriert. Was für den neutralen Zuschauer absolut merkwürdig rüberkam, war für den FC Hagen/Uthlede der ultimative Höhepunkt der Saison. Denn jeder Apfel in der Hagener Obstkiste steht exemplarisch für einen Punkt, den das Team von Trainer Carsten Werde in der Fußball-Landesliga Lüneburg geholt hat.
Durch das 4:1 (1:0) beim SV Emmendorf kamen drei weitere Äpfel, beziehungsweise Punkte, hinzu. Es waren die entscheidenden drei. Die drei Zähler, die aus der Apfelkiste eine Meisterkiste machten, aus Landesliga-Fußballern Oberliga-Fußballer. Denn der FC Hagen/Uthlede ist am Ziel seiner Träume: Die Meisterschaft steht fest, der Aufstieg in die Oberliga Niedersachsen ist perfekt. „Wir haben uns das mit der Apfelkiste zu Saisonbeginn überlegt. Irgendwann war es das Symbol für unsere Mentalität. Immer wieder aufzustehen, Spiele zu drehen, nie aufzugeben“, fasst es Meistercoach Carsten Werde zusammen.
Nur ein paar Plastikäpfel mussten im Laufe der Saison weggeschmissen werden. Fünf Unentschieden und zwei Niederlagen waren es bis Sonnabend. Die meisten Äpfel wanderten jedoch – stets mit musikalischer Untermalung – direkt in die Box. Mit den Äpfeln Nummer 66, 67 und 68 war es dann endlich geschafft. Vorausgegangen war eine wieder einmal ziemlich meisterliche Vorstellung der Hagener, die sich immerhin beim Tabellendritten den alles entscheidenden Sieg sichern mussten.
Von Beginn an übernahmen die Gäste das Kommando, waren klar spielbestimmend und hatten durch Marlo Burdorf und Justin Dähnenkamp auch zwei erstklassige Chancen. Emmendorf hingegen kam nur einmal durch einen Distanzschuss wirklich gefährlich vor das Gehäuse von FC-Torwart Yannick Becker. Trotzdem benötigten die Hagener die Hilfe der Gastgeber, um mit einer Führung in die Halbzeitpause zu gehen. Nach einem Freistoß von Christoph Müller war es Emmendorfs Jonas Foth, der den Ball ins eigene Netz bugsierte. „Genau so ein Tor braucht man ja häufig in solchen Spielen“, sagte Carsten Werde, dessen Team mit noch mehr Sicherheit aus der Kabine kam und sich auch prompt belohnte.
Nach einer Flanke von Mirko Franke schob Erik Köhler den vom SVE-Torwart nach vorne abgeklatschten Ball zum 2:0 über die Linie (51.). Doch Emmendorf war weit davon entfernt, den Hagenern nun das Feld kampflos zu überlassen. „Der Anschlusstreffer fiel dann aber trotzdem wie aus dem Nichts“, sagte Werde. Trotzdem war seinem Team nach dem 1:2 durch Jan Böhringer (55.) noch einmal die Nervosität anzuspüren. „Die Dominanz war dann etwa 15 Minuten nicht mehr so da, aber echte Chancen zum Ausgleich hatte Emmendorf auch nicht“, berichtete der Hagener Coach.
Erst das 3:1 durch einen Foulelfmeter von Justin Dähnenkamp brachte fünf Minuten vor Spielende die endgültige Entscheidung. Zuvor war Dähnenkamp von Emmendorfs Keeper Lukas Zanders selbst gefoult worden, der junge Flügelspieler behielt aber die Nerven und verwandelte eiskalt und souverän. Damit war die Partie – und auch die Meisterschaft – entschieden. Mit dem 4:1 in der vorletzten Spielminute rundete Dähnenkamp seine eigene starke Vorstellung ab und eröffnete zugleich den Hagener Partie-Marathon.
Schon in Emmendorf gab es das eine oder andere Freibier, dass der SV seinen Fans für eine gleichermaßen begeisternde Saison spendiert hatte. „Riesen Lob an Emmendorf. Sie haben hier wirklich alles versucht, dass wir nicht auf ihrem Platz die große Meisterfeier abhalten. Aber als es dann soweit war, durften wir hier richtig Gas geben“, lobte Carsten Werde den starken Aufsteiger. Fast zwei Stunden standen Spieler und Offizielle beider Klubs gemeinsam am Bierwagen und feierten ihre Saisonleistungen.
Erst um ein Uhr nachts kamen die beiden Hagener Busse wieder am Vereinsheim an, wo die Feierei dann noch weiterging. Und am frühen Morgen des Pfingstsonntags bestieg die Mannschaft dann erneut den Bus und fuhr zum traditionellen Frühtanz nach Steinau, eine der größten Partymeilen des Cuxlandes. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Carsten Werde bereits aus der Feiergesellschaft ausgeklinkt. Doch seine Spieler sollten den Augenblick genießen und auskosten. „Da hat jeder für Verständnis, die Jungs sollen das feiern.“ Landesliga-Meister wird man schließlich nicht sooft.
SV Emmendorf: Zanders – Foth, Meyer, Gertig (46. Böhringer), Sabatino, Silbermann (86. Oldag), Elbers, Albry, Idler, Klasen, Schenk
FC Hagen/Uthlede: Becker – Korf, Müller (87. Kohlstedt), France, Franke, Burdorf, Wischhusen, Köhler (89. Banehr), Knoop, Dähnenkamp, Stüßel (60. Wohltmann)
Tore: 0:1 Jonas Foth (41./Eigentor), 0:2 Erik Köhler (51.), 1:2 Jan Böhringer (55.), 1:3 Justin Dähnenkamp (85./Elfmeter), 1:4 Justin Dähnenkamp (89.)
Quelle: Weser-Kurier vom 22.05.2018 verfasst von Tobias Dohr