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Gunnar Schmidt: „Wir machen diese Spielchen nicht mit“

Der FC-Teammanager hat schon angenehmere Gespräche geführt als jenes, das zuletzt mit dem Berater von Justin Sauermilch anstand. Im Interview erklärt er den viel diskutierten Fall – und die Reaktion des Klubs.

Herr Schmidt, der Fall Justin Sauermilch hat für ordentlich Gesprächsstoff gesorgt. Im Internet wurde zum Teil sehr emotional über dieses Thema diskutiert, es gab vor allem auch viele kritische Kommentare und Meinungsäußerungen bezüglich dieses Wechsels. Wie war es denn eigentlich innerhalb des Vereins? Hat diese Personalie den FC Hagen/Uthlede komplett unerwartet getroffen?
Gunnar Schmidt: Dafür muss man etwas weiter zurück in die Vergangenheit blicken. Bereits Ende November hatten wir (Spartenvorstand Wilfried Roes und Trainer Carsten Werde, Anm. d. Red.) einen Gesprächstermin mit Justin vereinbaren wollen. Wir hatten diesbezüglich zwei, drei Termine vorgeschlagen, davon ist aber keiner zustande gekommen. Irgendwann kam dann von Justin plötzlich per WhatsApp die Anfrage, ob er für einen Wechsel im Winter die Freigabe erhalten würde. Und fast gleichzeitig hat er uns informiert, dass wir ab sofort jegliche Gespräche zu dieser Thematik nur noch mit seinem Berater Jörn Heins führen sollten.

Wie haben Sie darauf reagiert?
Wir haben das erst einmal abgelehnt und gesagt, dass wir mit Justin unbedingt persönlich und direkt sprechen wollen. So war es ja auch im vergangenen Winter, als Justin zu uns gekommen ist. Das war damals alles einwandfrei. Ich habe dann aber trotzdem mit Jörn Heins telefoniert. Wilfried Roes und ich haben aber parallel auch noch mal versucht, mit Justin direkt zu reden.

Kam dieses Gespräch dann zustande? Und wie ist es gelaufen?
Ja, es kam zustande, zwar nur kurz und vor dem Training, aber es war absolut okay. Wir wollten ihm einfach mal direkt in die Augen schauen beim Reden und er sollte uns auch noch mal direkt in die Augen schauen. Wir wollten ihn wissen lassen, dass wir wirklich gerne mit ihm weitermachen würden. Am nächsten Tag stand dann aber auch bereits der Termin mit Jörn Heins an. Und da wurden uns dann knallhart drei Optionen aufgezeigt.

Welche waren das?
Erstens: Justin kriegt ab sofort eine deutlich höhere Aufwandsentschädigung und bleibt bis zum Sommer. Zweitens: Wir sagen, wie hoch die Ablösesumme sein muss, damit die Freigabe erteilt wird. Drittens: Wenn der FC Hagen/Uthlede nicht bereit ist, mehr zu zahlen, kommt Justin ab morgen nicht mehr zum Training.

Was haben Sie darauf erwidert?
Vor allen Dingen habe ich Jörn Heins gefragt, ob er seinem Spieler wirklich rät, sich ein halbes Jahr auf die Bank zu setzen und keine Pflichtspiele mehr zu bestreiten.

Aber der FC Hagen/Uthlede hätte doch wenigstens noch eine Ablösesumme erzielen können?
Und wir haben dann ja auch tatsächlich eine Zahl genannt. Aber das Gegenangebot war wirklich eine Lachnummer. Unser Vorstand hat dann ganz klar gesagt: Wir lassen uns hier nicht verarschen. Spätestens da ging es auch darum, ein Zeichen zu setzen. Für alle unsere anderen Spieler, aber auch für andere Vereine in dieser Situation. Wir machen diese Spielchen nicht mit. Es sollte doch eigentlich allen klar sein, dass im Winter definitiv nur der Verein entscheidet, ob ein Spieler wechselt, oder nicht.

Wie ging es dann weiter?
Carsten Werde hat nach diesem Gespräch mit dem Berater noch einmal versucht, Justin persönlich zu überzeugen. Das war vor dem Testspiel in Borgfeld. Da hat unser Trainer vor der versammelten Mannschaft die Tür noch einmal geöffnet und Justin gezeigt, wie wichtig es für ihn und seine Entwicklung wäre, sich ein halbes Jahr einzubringen – und sich dementsprechend voll und ganz zur Mannschaft zu bekennen. Aber Justin wollte nicht mehr durch diese Tür durchgehen.

Ist diese Konsequenz des FC Hagen/Uthlede etwas, was viele junge Spieler heute viel zu selten noch erleben?
Naja, Justins Ansatz und vor allem der seines Beraters war ja, jetzt voll durchzustarten. Jörn Heins will seinen Spieler möglichst schnell in die Regionalliga bringen. Jetzt spielt Justin erst mal ein halbes Jahr gar nicht mehr. Und nächste Saison maximal in der Bremen-Liga.

Haben Sie in den vergangenen eineinhalb Jahren eigentlich oft mit Spielerberatern am Tisch gesessen?
Inklusive des aktuellen Falls: Zweimal.

Wer war der andere?
Ivan Klasnic.

Der Ex-Werder-Profi?
Genau, der hat Mario Vukoja vertreten, mit dem wir auch mal im Kontakt standen.

Wie war das Gespräch mit Ivan Klasnic?
Super, wirklich gut. Alles in Ordnung.

Sind das eigentlich Dinge, mit denen man sich in der Oberliga abfinden muss, Berater am Verhandlungstisch?
Zum Glück ist das bei uns die absolute Ausnahme. Wir sind ein kleiner, netter Dorfverein. so empfinden wir das jedenfalls immer noch. Und wir alle machen das in erster Linie, weil wir da ganz viel Spaß und Freude dran haben. Aber das, was wir jetzt erlebt haben, sind dann schon die seltenen Momente, wo das nicht ganz so viel Spaß macht.

Jetzt ist mit dem OSC Bremerhaven eine ganz neue Konkurrenz für den FC Hagen/Uthlede erwachsen. Justin Dähnenkamp ist dorthin gewechselt, Justin Sauermilch ebenfalls. Auch das große Talent Bjarne Kasper aus der U19 des TuSpo Surheide wechselte vor wenigen Tagen zum OSC – obwohl der FC Hagen/Uthlede ebenfalls auf einem guten Weg schien. Konkurrenz belebt das Geschäft, aber diese Konkurrenz ist finanziell in ganz anderen Sphären unterwegs, oder?
Absolut, da haben wir keine Chance. Und das kann auch nicht unser Ziel sein. Wir müssen in Zukunft eben noch genauer hinschauen und Talente entdecken, die sonst noch keiner entdeckt hat. Das macht es am Ende nur noch reizvoller.

Das Gespräch führte Tobias Dohr.

Zur Person

Gunnar Schmidt (40) ist seit zweieinhalb Jahren als sportlicher Leiter bei Fußball-Oberligist FC Hagen/Uthlede tätig. Davor stand er zwei Jahre als Trainer bei den Grün-Schwarzen an der Seitenlinie. Seine Trainerlaufbahn begann Schmidt einst beim OSC Bremerhaven. Als Spieler war der heute 40-Jährige auch einige Jahre beim SV Blau-Weiß Bornreihe aktiv. Als Hagener Teammanager ist Schmidt bei fast allen Gesprächen mit potenziellen Neuzugängen federführend involviert und hat deshalb auch den Abgang von Justin Sauermilch hautnah miterlebt.


Quelle: Weser-Kurier.de vom 14.02.2020 verfasst von Tobias Dohr