Duell zweier Philosophien: Hagen tritt in Uphusen an
Wenn der FC Hagen/Uthlede beim TB Uphusen antritt, ist das auch das Duell zweier gegensätzlicher Vereine
Im Profifußball ist es immer wieder zu hören. Da ist oft die Rede von einer ganz speziellen Klub-DNA, jenen Merkmalen, über die sich ein Verein definiert und auch identifiziert. Da gibt es zum Beispiel die Großkopferten aus München mit ihrer „Mia san mia“-Philosophie. Es gibt die malochenden Schalker, die politisch engagierten St. Paulianer oder die bodenständigen Bremer. Identifikation mit (s)einem Verein ist mehr denn je ein wichtiger Faktor – das gilt auch für die Amateurligen, wo solche Merkmale naturgemäß aber natürlich viel schwerer zu kreieren sind.
Dennoch gibt es auch in der Fußball-Oberliga Niedersachsen solche Vereine. Allen voran natürlich Atlas Delmenhorst, der Traditionsverein aus der Stadt mit den vielschichtigen Problemen ist berüchtigt für seine heißblütigen und treuen Fans. Auch der FC Hagen/Uthlede hat sich mittlerweile ein gewisses Image aufgebaut. Viel Leidenschaft, eine hohe Vereinstreue, das alles eingebettet in ein Vereinsumfeld, das für viele eigentlich gar nicht oberligatauglich ist. Wer Trainer Carsten Werde nach einem Hagener Äquivalent in der Bundesliga fragt, bekommt daher eine klare Antwort: der SC Freiburg. „Aus wenig ganz viel machen und sich in der für den Verein höchstmöglichen Liga mit gewachsenen Strukturen und Kontinuität auf allen Ebenen etablieren“, erklärt Werde.
Der FC Hagen/Uthlede tritt nun am Sonntag (Anpfiff um 15 Uhr) beim TB Uphusen an – und Werde ist sich der Tatsache durchaus bewusst, dass da zwei eher gegensätzliche Vereine aufeinandertreffen. „Ehrlich gesagt bin ich zu weit weg von Uphusen, um den Verein wirklich richtig einordnen zu können“, sagt Werde zwar, er weiß aber auch, dass die Herangehensweise der Klubs in einigen Dingen „eher konträr zueinander“ verläuft. So hat der TB Uphusen in den vergangenen Jahren immer wieder neue Spieler verpflichtet (gerne auch aus höheren Ligen) und seine Ziele auch mal etwas mutiger formuliert.
Besonders nachhaltig schien das – bis jetzt – alles nicht gewesen zu sein. Kapitän Ole Laabs ist seit 2017 im Verein, und gehört damit tatsächlich schon zu den dienstältesten Spielern im Uphuser Kader. Von einer ähnlichen Stimmung wie an der Hagener Blumenstraße können sie am Arenkamp nur träumen. Wenn dort einmal 200 Zuschauer zu einem Oberligaspiel kommen, ist das schon eine richtig gute Kulisse, oft stellen die Gästefans aber sogar den Großteil der Zuschauer. Wenn man den FC Hagen/Uthlede also mit dem SC Freiburg vergleicht, dann könnte man beim TB Uphusen an den VfL Wolfsburg denken. Beide Klubs haben ohne Frage ihre Berechtigung, um in der Oberliga zu spielen – gleichwohl macht die Konstellation ein direktes Duell doppelt spannend.
„Natürlich ist unseren Spielern diese Gegensätzlichkeit auch bewusst“, sagt Carsten Werde, der allerdings auch zu bedenken gibt, dass die Duelle gegen Uphusen nicht wirklich einen Derbycharakter für ihn hätten. Die Motivation ist – besonders vor dem jetzigen Duell – dennoch ziemlich hoch. Denn der bislang letzte Auftritt der Grün-Schwarzen in Uphusen im Mai diesen Jahres war ein einziges Trauerspiel, eines, für das sich die Werde-Elf nun revanchieren möchte. Mit 0:7 waren die Hagener, die damals gerade den Klassenerhalt gesichert hatten, vor fünf Monaten untergegangen. Jetzt möchten die Kicker von der Blumenstraße dieses Bild gerne korrigieren – und die Vorzeichen scheinen gut zu sein.
Denn die Verunsicherung in Uphusen dürfte nach fünf sieglosen Spielen am Stück (vier Niederlagen und ein Remis bei 2:10 Toren) und der Trainerentlassung von Fabrizio Muzzicato nicht gerade kleiner geworden sein. Mit nur sechs Saisontoren stellt das Team von Interimscoach Sven Apostel die schlechteste Offensive der gesamten Oberliga, allerdings kommt jetzt auch die zweitschwächste Defensive nach Uphusen. Zudem konnten beim FC unter der Woche mit Christoph Müller und Berend Knoop zwei defensive Akteure nur eingeschränkt trainieren.
Ob es am Ende wieder eines dieser begeisternden Oberliga-Spiele mit Hagener Beteiligung wird, bleibt abzuwarten. Für Carsten Werde ist das aber auch gar nicht das entscheidende Merkmal. „Es geht eher um diesen ehrlichen Fußball, den wir spielen wollen. Und dieser geht nicht immer mit spielerischer Schönheit einher.“ Aber vom SC Freiburg erwartet schließlich auch niemand spielerische Feuerwerke – und trotzdem sind die Sympathien groß für den Klub aus dem Breisgau.
Quelle: Weser-Kurier vom 12.10.2019 verfasst von Tobias Dohr