Wegweisende Tage in Hagen
Ein Rückzug und das Duell gegen Oberliga-Schlusslicht Cloppenburg könnten wichtige Weichensteller werden
800 000 Euro – von solch einem Jahresetat kann der durchschnittliche Fußball-Oberligist wohl nur träumen. Was woanders für zwei, bei einigen Klubs vermutlich sogar für drei Spielzeiten reichen würde, ist bei der Drittliga-Reserve von Eintracht Braunschweig für eine einzige Saison veranschlagt. So jedenfalls war es zu lesen in diversen Artikeln, die unter der Woche die Runde machten.
Vorausgegangen war eine Pressemitteilung der Braunschweiger, die den Rückzug ihrer U23 zur kommenden Spielzeit ankündigten. Die Eintracht-Profis kämpfen in der 3. Liga um den Klassenerhalt, die ursprünglichen sportlichen und finanziellen Ziele werden die „Löwen“ um Welten verpassen. Deshalb muss nun der Gürtel enger geschnallt werden. Und da bei einer U23 eines Profiklubs auch in der fünften Liga andere Maßstäbe angesetzt werden als bei anderen Vereinen, spart offenbar auch der Rückzug einer Oberliga-Mannschaft rund 800 000 Euro im Jahresbudget ein.
Das hat Auswirkungen auf die Oberliga Niedersachsen – und den FC Hagen/Uthlede. Denn mit dem Rückzug der Braunschweiger, die derzeit mit acht Punkten Vorsprung auf dem ersten Abstiegsplatz auf Rang sechs stehen, steht fest: Es wird am Ende dieser Saison lediglich drei statt der ursprünglichen vier Absteiger geben. Bei FC-Trainer Carsten Werde hat diese Nachricht kurz vor dem Heimspiel gegen Schlusslicht BV Cloppenburg (Freitag, 19.30 Uhr) allerdings keinerlei Jubelsprünge ausgelöst, im Gegenteil: „Da hängen ja schließlich auch Jobs dran. Freude kann man da nullkommanull empfinden.“
Sorge vor Wettbewerbsverzerrung
Trainerteam, Teamarzt, Physiotherapeuten und natürlich die Spieler, die fast alle entsprechende Verträge haben – zählt man all diese Posten, die bei einem Profiklub nun einmal völlig normal sind, zusammen, erklärt sich auch schnell die hohe Gesamtsumme. Wo andernorts in der Oberliga oftmals noch Vereinsmitglieder ehrenamtlich unterwegs sind, beschäftigt ein Klub wie Braunschweig an einigen Stellen schon hauptamtliche Angestellte. Die „Löwen“ werden die Saison nun zu Ende spielen, alle Partien gehen auch in die Tabellenwertung ein. Für Carsten Werde durchaus ein kritischer Punkt: „Natürlich hat man Angst, dass der angekündigte Rückzug Auswirkung auf die noch anstehenden Spiele hat.“
Für die Grün-Schwarzen bleibt das Saisonziel aber ohnehin ein anderes: „Es würde sich nicht richtig anfühlen, wenn man am Ende nun als Dreizehnter die Liga hält“, sagt Werde. Vielmehr möchte er sich mit seinem Team dauerhaft dort einnisten, wo ihn die acht Punkte aus den bisherigen vier Spielen des neuen Jahres hingeführt haben. Um das zu schaffen, sollte Schlusslicht Cloppenburg tunlichst besiegt werden. „Aber die werden durch den Braunschweiger Rückzug nun sicher mit einem Fünkchen mehr Hoffnung zu uns kommen“, weiß Werde, der die Favoritenrolle in diesem Fall dennoch annimmt, aber gleichzeitig auch warnt. „Nur, weil wir den Ersten geschlagen haben, bedeutet das eben nicht, dass wir automatisch auch den Letzten schlagen. Aber alle Zuschauer, die kommen werden, dürfen erwarten, dass die Mannschaft mit dem gleichen Aufwand zur Sache gehen wird“, sagt Werde, der wieder auf Abwehrchef Nils Göcke zurückgreifen kann.
Dafür fällt mit Christoph Müller der andere Innenverteidiger aus. Müller musste sich einer Operation unterziehen und darf bei der Wundheilung kein Risiko eingehen. „Nichts Dramatisches, aber drei bis vier Wochen wird Christoph wohl trotzdem fehlen“, so der Hagener Coach, der auch ein weiteres Mal auf Kapitän Marlo Burdorf verzichten muss. Und auch Kai Diesing, der in Northeim erstmals wieder im Spieltagskader stand, wird dieses Mal nicht dabei sein.
Der Mittelfeldspieler trainierte Dienstag und Mittwoch erstmalig zweimal hintereinander wieder voll mit der Mannschaft mit, doch ließ die Reaktion des Körpers nicht lange auf sich warten. „Das ist definitiv kein Rückfall in frühere Zeiten“, erklärt Carsten Werde, „aber wir dürfen da einfach nichts überstürzen. Deshalb wird Kai diesmal auch gar nicht erst im Kader stehen.“
Quelle: Weser-Kurier vom 22.03.2019 verfasst von Tobias Dohr