„Verantwortung ist für mich nicht neu“
Timo Dressler zieht nach einem halben Jahr bei Fußball-Oberligist FC Hagen/Uthlede ein erstes Fazit
Herr Dressler, Sie haben bei Ihrem letzten Gespräch mit unserer Zeitung einen bemerkenswerten Satz gesagt: „Nach sechs Jahren in der Bremen-Liga weiß ich immer noch nicht so richtig, wie das ist, vor Zuschauern zu spielen.“ Jetzt sind sie ein halbes Jahr beim FC Hagen/Uthlede, deswegen die Frage: Wie ist es, vor Zuschauern zu spielen?
Timo Dressler: Ich denke, dass der Satz auch ein bisschen hochgepusht wurde. Es ist aber auch so, dass in Bremen nicht so viele Zuschauer sind. In Hagen ist es dörflicher, da kommen auch Zuschauer aus der Umgebung. Dadurch hat man auch zum Teil ungewollt viel Aufmerksamkeit bekommen, das sage ich ganz ehrlich. Aber es ist natürlich schön, dass da Zuschauer sind, die zwar auch mal meckern, wenn man nicht so gut spielt, aber auch loben, wenn man ein top Spiel gemacht hat. Es geht letztlich um die sportliche Leistung, und das ist natürlich Ansporn.
Wurden Sie denn noch oft auf dieses Zitat angesprochen?
Ich sage einfach mal „joa“. Was heißt oft? Am Anfang hat man schon von Freunden oder Mannschaftskollegen das Bild zugeschickt bekommen, aber das ist, wie eben auch gesagt, etwas hochgepusht worden.
Jetzt, nach einem halben Jahr, können Sie doch aber einen Vergleich ziehen zwischen der Bremen-Liga und der Oberliga Niedersachsen. Was ist anders?
Ich würde sagen, dass die Leistungsdichte in Niedersachsen höher ist. Dass man in jedem Spiel 100, wenn nicht sogar 110 Prozent geben muss, um Punkte mitzunehmen. Das liegt aber auch daran, dass Niedersachsen viel größer ist, das Einzugsgebiet für die Vereine ist größer. Man kriegt mehr Spieler, die eine gewisse Qualität haben. Das ist im Vergleich zur Bremen-Liga vielleicht der Unterschied. Wobei nicht unbedingt der Unterschied, es ist einfach anders.
Wie würden Sie Ihre Rolle im Team beschreiben?
Ich versuche der Mannschaft mit meiner Leistung einfach zu helfen. Dass ich immer spielen möchte, steht außer Frage, und ich versuche auch immer meine Aufstellung zu rechtfertigen. Ich möchte auch Führungsspieler sein und Verantwortung übernehmen, aber das ist nichts Neues für mich. Ich war auch beim FC Oberneuland Führungsspieler und habe Verantwortung übernommen.
Sie kommen ausschließlich in der Innenverteidigung zum Einsatz. Ist das auch die Position, die Ihnen vorschwebt? Fühlen Sie sich da am wohlsten?
Ich bin gerne Innenverteidiger. Überhaupt bin ich gerne auf einer zentralen Position, und bei der Konstellation im Kader ist die Innenverteidiger-Position schon die beste für mich.
Einen Spieltag vor dem Ende der Qualifikationsrunde hat der FC Hagen/Uthlede 15 Punkte auf dem Konto. Muss man damit zufrieden sein?
Das ist schwierig für mich einzuschätzen. Wir haben einige Punkte gegen Mannschaften aus der oberen Tabellenhälfte geholt, mit denen man nicht unbedingt rechnen konnte. Wir haben aber auch einige Punkte liegen gelassen, ausgerechnet gegen direkte Konkurrenten. Das ärgert uns schon sehr, weil es manchmal auch einfach unnötig war.
Das Spiel des FC Hagen/Uthlede definiert sich stark über den Kampf und die Leidenschaft. Hat die Mannschaft davon im Laufe der Saison letztlich zu wenig gezeigt?
Ich würde sagen, dass wir es in einigen Spielen nicht geschafft haben, an die 100 Prozent zu kommen, die wir brauchen. Warum auch immer wir es nicht geschafft haben, das ist schwierig zu sagen.
Die vorherige Frage könnte man auch von der anderen Seite aus betrachten: Definiert sich der FC Hagen/Uthlede zu sehr über Kampf und Leidenschaft – vielleicht auch auf Kosten des Spielerischen? Oder wurden der Mannschaft in dieser Hinsicht auch gerade beim jüngsten 1:7-Debakel beim TuS Bersenbrück klar die Grenzen aufgezeigt?
Ich würde nicht sagen, dass wir unsere Grenzen aufgezeigt bekommen haben. Es war einfach ein gebrauchter Tag für uns. Wir sind nicht ins Spiel gekommen, haben keine Ruhe gefunden, und zwar in dem Sinne, dass wir uns gegenseitig Sicherheit geben. Das Hinspiel hatten wir ja noch 1:0 gewonnen. Und da sind wieder an dem Punkt, dass wir uns das über Kampf und Leidenschaft erarbeitet haben. Dann funktionieren auch die spielerischen Dinge. Aber das letzte Mal gegen Bersenbrück haben wir es als Kollektiv einfach nicht geschafft.
Sie haben mit den FC Hagen/Uthlede vor der Winterpause noch eine Begegnung vor der Brust, eine enorm wichtige dazu. Wie schwer wiegt der 1:7-Rucksack vor der Partie beim Abstiegskonkurrenten MTV Eintracht Celle, oder spielt das keine Rolle mehr?
Na klar ärgert uns das letzte Spiel. Wäre ja auch schlimm, wenn nicht. Aber wir sind jetzt in einer Situation, in der wir nicht mehr über Vergangenes nachdenken dürfen, sondern müssen einfach die nächsten drei Punkte ins Visier nehmen. Und dafür müssen wir alles auf den Platz bringen, was uns ausmacht.
Es ist das Spiel zweier Mannschaften, die am vergangenen Wochenende 0:8 und 1:7 verloren haben. Das wird nichts für Feinschmecker, oder?
Wahrscheinlich wird es ein kämpferisches Spiel, das nicht viele spielerische Höhepunkte haben wird. Im Hinspiel haben wir 2:0 geführt und am Ende 2:2 gespielt, das war einer dieser unnötigen Punktverluste. Aber wenn wir unsere Leistung bringen, dann bin ich mir auch sicher, dass wir diesmal als Sieger vom Platz gehen werden.
Das Gespräch führte Dennis Schott.
ZUR SACHE
Schwächste Offensive tritt bei schwächster Defensive an
Der FC Hagen/Uthlede ist nicht unbedingt bekannt für seinen Offensivdrang. Von allen Fußball-Oberligisten sind die Hagener die Mannschaft mit den wenigsten Treffern. An diesem Sonntag (14 Uhr) sollte für das Team von Trainer Benjamin Duray etwas möglich sein. Beim MTV Eintracht Celle treffen sie auf die Schießbude der Liga. 62 Treffer haben die Celler bisher kassiert – so viele wie keine andere Mannschaft. Zum Vergleich: Schlusslicht TB Uphusen folgt mit 46 Gegentoren.
ZUR PERSON
Timo Dressler (25) spielt seit diesem Sommer für den Oberligisten FC Hagen/Uthlede. Fußballerisch groß geworden ist er beim TSV Lesum-Burgdamm, in der B-Jugend wechselte er zum FC Oberneuland, dann zum SV Werder, wo er sogar U19-Bundesliga spielte. 2015 kehrte er nach Oberneuland zurück und spielte sechs Jahre in der Bremen-Liga.
Quelle: Weser-Kurier vom 11.12.2021 verfasst von Dennis Schott