Gegen alle Gesetze
Leidenschaftlicher FC Hagen/Uthlede gewinnt trotz Bersenbrücker Dauerdrucks ein kurioses Oberligaspiel mit 1:0
Als nach sechsminütiger Nachspielzeit endlich der Abpfiff von Schiedsrichter Tobias Geismann kam, da ballte Benjamin Duray beide Fäuste und schrie die Erleichterung heraus. Geschafft! Sein FC Hagen/Uthlede hatte das Oberliga-Heimspiel gegen den TuS Bersenbrück tatsächlich mit 1:0 (0:0) gewonnen. Nach sieben Pflichtspielen ohne Sieg kam dieser knappe Erfolg einer Erlösung gleich.
Was den Heimsieg aber umso wertvoller machte, war die Art und Weise des Zustandekommens. „Hier ging es heute nicht mehr um Schönheit, alles was zählte, war die absolute Leidenschaft“, sagte Duray hinterher. Diese Leidenschaft zeigte seine Mannschaft ohne Frage über die komplette Spielzeit – und vielleicht war genau das am Ende der Grund, warum der Fußballgott ein Einsehen hatte. Denn es kam schon eine Menge Spielglück zusammen, dass die Grün-Schwarzen tatsächlich als Sieger den Platz verließen. Und während die Zuschauer sich etwas ungläubig die Augen rieben, waren die Spieler des TuS Bersenbrück lautstark am Schimpfen. Mit sich selbst wohlgemerkt. Denn sie hatten ein Spiel verloren, das sie wohl in neun von zehn Fällen deutlich gewonnen hätten.
Zu überlegen waren die Gäste, körperlich auf den meisten Positionen mit mehr Wucht und Tempo ausgestattet, spielerisch mit deutlich mehr Ballsicherheit und Technik. Bei den Hagenern waren zudem mit Ylbes Halimi, Kilian Tienken, Julian Deppe, Luca Dosse und Jerome Albritton gleich fünf junge Akteure von Beginn an auf dem Feld, die vor der Saison nur die wenigsten in der Startelf vermutet hätten. Doch die Verletztenmisere spülte nun allesamt in die erste Elf. Und die jungen Kerle zerrissen sich auf dem Feld.
Angeführt von den beiden nie aufsteckenden und mit viel Geduld vorangehenden Sechsern Marlo Burdorf und Yannick Bremser arbeiteten sich die Hagener in ein Spiel hinein, das lange Zeit nur eine Richtung kannte. Bersenbrück drückte, Hagen/Uthlede kämpfte und grätschte. So überstand das Duray-Team so manch brenzlige Situation – und hatte zudem einen Torwart in Bestform. Yannick Becker parierte ein ums andere Mal überragend. Ein 0:0, so schien es zur Pause, würde an diesem Tag das absolute Optimum sein. Denn auf einen Hagener Torerfolg deutet rein gar nichts hin.
In der Pause musste dann auch noch Stürmer Luca Mittelstädt angeschlagen draußen bleiben, für ihn kam Lucas Heins in die Partie. Erst in der 64. Minute (!) schossen die Hausherren überhaupt zum ersten Mal auf das gegnerische Tor. Timo Dressler feuerte einen Freistoß auf das Bersenbrücker Gehäuse ab, der aber geblockt wurde. Kurz zuvor war Kai Diesing ins Spiel gekommen, was zumindest für ein bisschen Belebung im Hagener Offensivspiel gesorgt hatte. In der 75. Minute führte jener Diesing dann einen Eckstoß aus – und plötzlich lag der Ball im Tor.
Der aufgerückte Innenverteidiger Ylbes Halimi hatte das Spielgerät am zweiten Pfosten tatsächlich über die Linie gedrückt. Der Spielverlauf war komplett auf den Kopf gestellt und die Hagener hatten den großen Coup plötzlich ganz dicht vor Augen. Das setzte zusätzliche Kräfte frei. Jerome Albritton verpasste auf klasse Diesing-Zuspiel sogar nur knapp das 2:0 (80.).
So wurde es eine extrem spannende Schlussphase, in der sich die Hagener mit der allerletzten Kraft in jede Aktion hineinwarfen. Besonders Fabio Hausmann machte hinten links ein ganz starkes Spiel, auch Julian Deppe erhielt bei seiner Auswechslung völlig zu Recht den Applaus der Hagener Bank und der mitfiebernden Zuschauer.
„Manchmal brauchst du nur eine einzige Chance, um zu gewinnen. Das haben wir den Jungs vorher gesagt. Und genau so hat das Team dieses Spiel auch bestritten“, sagte Benjamin Duray, der sich am Ende nicht nur über einen wichtigen Dreier, sondern auch über das erste Spiel ohne Gegentor freute.
FC Hagen/Uthlede: Becker; Tienken, Dressler, Halimi, Hausmann, Burdorf, Bremser, Deppe (90. Stroth), Dosse (60. Diesing), Albritton (80. Klaus), Mittelstädt (46. Heins)
TuS Bersenbrück: Böhmann; Leinweber, Breulmann, Flottemesch, Greten, Muric (69. Guthardt), Aloi, Lührmann (46. Eickschläger), Waldow, Papachristodoulou (80. Urban), Spit (46. Meyer)
Tor: 1:0 Ylbes Halimi (75.)
Quelle: Weser-Kurier vom 04.10.2021 verfasst von Tobias Dohr