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„Da muss der Verband flexibel sein“

Hagens Trainer Carsten Werde und Borgfelds Coach Lutz Repschläger diskutieren die Pokal-Problematik

Herr Werde, Herr Repschläger: Es verdichtet sich immer mehr, dass die Meisterschaftssaison in den Ligen des Niedersächsischen und Bremer Fußball-Verbands abgebrochen wird. Unklar ist derweil noch, wie in den Pokalwettbewerben verfahren werden soll. Stand jetzt sind diese Partien vom Abbruch nicht betroffen. Sie stehen mit Ihren Mannschaften jeweils im Halbfinale, das längst hätte ausgetragen werden sollen. Was denken Sie, wie geht Ihre jeweilige Pokalgeschichte weiter?

Lutz Repschläger: Wenn ich das wüsste, hätte ich wahrscheinlich einen Impfstoff gegen Corona in der Tasche (lacht). Wir können nur das Beste hoffen und nehmen das, was kommt. Ich bin selber Unternehmer und leide sehr unter den Auswirkungen des Virus, aber wir müssen akzeptieren, dass die Gesundheit der Menschen absolute Priorität hat. Wenn „richtiger“ Fußball zeitnah wieder gespielt werden kann, sollten wir den Pokal spielen. Wenn nicht, bleibt nur eine alternative Lösung am grünen Tisch.

Carsten Werde: Ich hoffe inständigst, dass es eine Entscheidung auf dem Platz geben wird und nicht bloß in einem Elfmeterschießen oder sogar per Auslosung. Der DFB-Pokal ist ein Wettbewerb der Basis, das sieht man jetzt auch wieder ideal am Fall des 1.FC Saarbrücken, der es ja sogar bis ins Halbfinale geschafft hat. Vor allem mit diesem Wettbewerb zeigt der DFB doch, dass er die Basis tatsächlich nicht verlieren will. Deshalb darf es eine Entscheidung auch nur auf dem Platz geben.

Im BFV sieht man die Entwicklung im DFB als maßgebend für eine Entscheidung an, während der NFV kürzlich erklärte, nach Möglichkeit eine sportliche Entscheidung herbeiführen zu wollen. Wie könnte die aussehen, Herr Werde?

Carsten Werde: Zunächst einmal teile ich die Argumente des BFV, dass eine Fortführung des Wettbewerbs in erster Linie von der Entscheidung des DFB abhängig ist. Wenn der Deutsche Fußballbund tatsächlich Anfang August eine 1. Hauptrunde ohne Zuschauer durchziehen will, dann muss auch zeitnah eine Entscheidung für die Landesverbände her. Ob ich das gut fände? Mitnichten. Denn dieser Wettbewerb macht doch wirklich nur mit Zuschauern Sinn, alles andere wäre doch völlig absurd.

Kann es auch in Bremen sportlich über die Bühne gehen, Herr Repschläger?

Lutz Repschläger: Natürlich ist eine sportliche Lösung mit Abstand die beste, das wünschen wir uns alle. In einem fairen Wettspiel wird der Sieger ausgespielt. Die Voraussetzung dafür ist aber, dass Fußball auch als Kontaktsport wieder gespielt werden darf. Und ich glaube, dass das keiner im Moment vorhersagen kann, wann das sein wird.

Herr Repschläger, Sie hatten ja betont, so sehr ihre Mannschaft Außenseiter gegen den FC Oberneuland ist, so sehr fiebert sie diesem Halbfinale entgegen. Geht es – wenn es nicht stattfinden kann – Ihnen dabei „nur“ um ein verpasstes Halbfinale oder um mehr, nämlich den möglichen Einzug ins Finale oder gar den Finalsieg und damit die Teilnahme am DFB-Pokal, wo es ja auch um viel Geld geht?

Lutz Repschläger: Wir haben uns sportlich für das Halbfinale qualifiziert und wollen das natürlich auch gewinnen. Ein Pokalhalbfinale, als Duell zwischen zwei direkten Ortsnachbarn hat nicht nur Derbycharakter, sondern ist für alle ein echtes Saison-Highlight, auf das sicher auch sehr viele Zuschauer Lust haben. Gerade in einem solchen Spiel kann eine Menge passieren. Beide Teams spielen in der gleichen Klasse und beide haben jeweils ein Ligaspiel gegen den anderen gewonnen. Ich sehe uns nicht als krassen Außenseiter, aber wenn es hilft, soll das gerne so sein.

Herr Werde, Sie hätten mit dem FC Hagen/Uthlede beim MTV Eintracht Celle antreten sollen. Auch Ihr Team wäre von der Papierform her als Außenseiter ins Spiel gegangen, aber nicht in der krassen Form wie die Borgfelder. Welches Gefühl schwingt bei Ihnen im Fall einer Absage mit? Um verpasste sportliche Möglichkeiten, oder auch um finanzielle?

Carsten Werde: Es geht einzig und allein um den sportlichen Gedanken. Alleine dieses Halbfinale in Celle wäre ein unglaubliches Highlight. In der vergangenen Saison haben beide Halbfinalpartien weit über 1000 Zuschauer angelockt. Zudem haben wir im Oberliga-Punktspiel in Celle gesehen, wie gut wir dort mithalten konnten. Wir fiebern seit Monaten dieser Partie entgegen, deshalb muss es eine sportliche Entscheidung auf dem Platz geben.

Im Fall einer Absage muss aber dennoch ein anderer Modus gefunden werden. Von Elfmeterschießen über Losverfahren bis hin zu einem „ernannten“ Pokalgewinner – es wird derzeit viel spekuliert. Welche Lösung schwebt Ihnen vor?

Lutz Repschläger: Das ist schwer. Am liebsten natürlich spielen. Wenn tatsächlich ein anderer Weg gefunden werden muss, damit ein Teilnehmer für den DFB-Pokal gemeldet werden kann, dann dürfen die drei Nicht-Teilnehmer in gar keinem Fall leer ausgehen. Alle haben es verdient und alle müssen sowohl sportlich als auch finanziell mit einem guten Gefühl die Entscheidung tragen können.

Carsten Werde: Wie schon gesagt: es darf nur eine sportliche Lösung geben. Die entscheidende Frage wird ja sein: Will der DFB wirklich Anfang August eine DFB-Pokal-Hauptrunde ohne Zuschauer durchziehen? Ganz ehrlich: Da würde der Verband jegliche Glaubwürdigkeit verlieren und dem Wettbewerb auch noch seine Identität nehmen. Der DFB-Pokal ist doch der einzige Wettbewerb, wo Profis und Amateure noch auf diese Art und Weise zusammenkommen. Da muss der Verband einfach so flexibel sein, und die erste Runde entsprechend verschieben.

Im Hamburger Verband soll es einen Passus geben, dass der bestplatzierte Verein aller vier Halbfinalisten im DFB-Pokal teilnehmen darf. Was halten Sie davon?

Lutz Repschläger: Nicht so viel. Der Pokalwettbewerb lebt davon, dass in einem Spiel auch eben das Unerwartete passieren kann, und es ist gerade für die vermeintlich schwächeren Teams eine super Plattform, um sich sportlich zu belohnen. Wie bereits gesagt, plädiere ich für eine Lösung, an der alle vier Mannschaften partizipieren.

Carsten Werde: So eine Entscheidung darf es nicht geben. Und da es beim NFV auch keine Gedankenspiele in solch eine Richtung gibt, stellt sich diese Frage zum Glück auch nicht.

Letzte Frage: Was glauben Sie, auf welche Entscheidung wird es hinauslaufen, oder wird es in ihren Augen hinauslaufen müssen?

Lutz Repschläger: Ich drücke ganz fest beide Daumen dafür, dass wir die Möglichkeit bekommen zu spielen. Gerne auch in der Vorbereitung zur neuen Saison. Dann haben wir nicht nur tolle Pokalspiele, sondern auch wieder viele begeisterte Zuschauer am Spielfeldrand.

Carsten Werde: Wir müssen jetzt ganz einfach abwarten, was der DFB entscheidet. Davon werden die Maßnahmen in den Landesverbänden maßgeblich abhängig sein. Dass wir allerdings unter ähnlichen Bedingungen wie derzeit in der Bundesliga ein Landesverbands-Halbfinale und Endspiel ausspielen, halte ich für ausgeschlossen. Wir sollten erst wieder Fußball spielen, wenn es auch in der Kreisklasse und bei der E-Jugend erlaubt ist.

Die Fragen stellten Dennis Schott und Tobias Dohr.


Quelle: Weser-Kurier vom 19.05.2020 verfasst von Dennis Schott und Tobias Dohr