Rückkehr auf die Fußballplätze
Unter strengen Auflagen darf wieder trainiert werden – Keine Zweikämpfe, keine Spielformen und ganz viel Hygiene
Die Amateurfußballer in Stadt und Land dürfen endlich zurück auf die Plätze. Nach der wochenlangen Corona-Auszeit ist zumindest Training in Kleingruppen wieder erlaubt. Doch von einem normalen Trainingsbetrieb kann noch keine Rede sein. Es gelten strenge Auflagen, über deren Einhaltung die „Corona-Beauftragten“ wachen sollen – beim FC Hagen/Uthlede achten Marco Vehrenkamp und Julian Berndt darauf, dass sich die Kicker an die Vorschriften halten.
„Es gibt Ämter, um die sich keiner reißt“, sagt Vehrenkamp, der beim Oberligisten auch den Vereinsvorsitz innehat. Der selbst noch aktive Altherrenspieler freut sich aber, dass die „Erste“ am Freitagabend auf dem Kreissportplatz ihre erste Trainingseinheit seit der Corona-Pause Anfang März absolvieren konnte: „Die Jungs sind lieber hier, um zu kicken, als eine Zehn-Kilometer-Runde zu laufen.“ Ohne Laufschuhe ging es bei der Rückkehr ins Training jedoch nicht – Trainer Carsten Werde hatte gleich mal einen Cooper-Test angesetzt, um sich ein Bild vom Fitnesszustand seiner Schützlinge machen zu können.
Die vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) erarbeiteten Hygieneregeln sind ein Beleg dafür, dass der Alltag im Amateurfußball noch weit entfernt ist. So gilt weiterhin das Abstandsgebot von 1,5 Metern. Zweikämpfe sind daher im Training zu vermeiden. „Spielformen mit Zweikämpfen sind nicht möglich, aber ich bin dennoch sicher, dass wir ein vernünftiges Training hinbekommen werden“, erklärt Werde. Der Trainer ist angehalten, die Anwesenheit der Spieler genau zu dokumentieren – auch wenn jemand später kommt oder früher geht. So sollen Infektionsketten nachvollziehbar gemacht werden.
Auch die Hagener Spieler werden sich von einigen liebgewonnenen Gewohnheiten verabschieden müssen. Da die Umkleidekabinen nur zum Händewaschen betreten werden dürfen, müssen sie schon umgezogen zum Training erscheinen und zu Hause duschen. Fahrgemeinschaften sind ebenfalls tabu – das dürfte sich vor allem im Jugendbereich negativ auswirken. Der Durst wird aus der eigenen Trinkflasche gestillt, Abklatschen und gemeinsamer Jubel nach gelungenen Aktionen stehen auf dem Index. Der FC-Vorsitzende Vehrenkamp ist überzeugt davon, dass die Hygieneregeln mit etwas Disziplin umsetzbar sind: „Es geht um den gesunden Menschenverstand. Man darf halt nicht nachlässig werden. ,Passiert schon nix‘ ist nicht die richtige Einstellung.“ Die Gesundheit der Spieler stehe über allem – wer Sorge vor einer Infektion habe, sei von der Teilnahme am Training freigestellt. Vehrenkamp appelliert in seiner Funktion als „Corona-Beaufragter“ an die Aktiven, die Regeln einzuhalten: „Sollte es nicht klappen, gibt es auch kein Training.“
Der Ball rollt nicht nur in Hagen wieder. So bietet Ole Aldag vom Sporthotel Dorum bereits seit Sonnabend wieder täglich Training in kleinen Gruppen für Kinder und Jugendliche an – allerdings nicht in der Fußballhalle, sondern auf dem Sportplatz. „Die Erfahrungen sind gut. Es ist relativ zügig eine Routine reingekommen, die Hygieneregeln einzuhalten.“ Mit einem weiträumigen Aufbau und einer entsprechenden Gestaltung der Übungsabläufe ließen sich Abstandsregeln gut einhalten. Gerade für Nachwuchskicker empfiehlt er, Training anzubieten, auch wenn in absehbarer Zeit keine Spiele stattfinden. „Man kann Passspiel, Annahme, Torschuss, Handlungsschnelligkeit und Finten super trainieren. Vielleicht sogar besser als in großen Gruppen. Da kommt das oft zu kurz.“ Auch beim JFV Bremerhaven (Aldag ist Trainer der U14 und U15) wird das Training wieder aufgenommen. „Unsere U17 hat schon begonnen, wir starten nächste Woche“, berichtet Aldag. „Auch ohne Wettkampf bleibt Fußball eine große Leidenschaft.“
Schwieriger sei es, fertig ausgebildete Herrenspieler zum Training zu motivieren. Viele Vereine versuchen es trotzdem: Frank Jürgens, Abteilungsleiter beim TSV Stotel, sagt: „Wir bieten ein Training für die Herrenmannschaft an, aber freiwillig. Der Trainer hat da schon gute Ideen. Aber man muss natürlich fragen, wie groß die Lust ist, wenn keine Spiele sind und das Bier nach dem Training auch wegfallen muss.“ Den Platz hat der Verein nach den DFB-Vorgaben hergerichtet. Die Kabinen bleiben geschlossen, Desinfektionsmittel, Trainingslisten und Hinweisschilder stehen bereit.
Niels Bardenhagen ist Fußballfachwart bei Frelsdorf/Appeln/Wollingst, Jugendtrainer – und neuerdings auch Hygienebeauftragter: „Ich will selber mit meiner Mannschaft trainieren, deswegen gehe ich da voran“, sagt er. Bardenhagen trainiert die U11, und gerade in diesem Alter hält er Training auch ohne Wettkampf für sinnvoll. „Es ist das goldene Lernalter für Nachwuchsfußballer, man kann immer an der Technik feilen und individuelle Aufgaben stellen.“ Bei Herren-Mannschaften sei das schon schwieriger, wenn das Ziel fehle. „Wir überlassen es allen Mannschaften selber, ob sie trainieren wollen. Die Plätze sind entsprechend den Hygienevorschriften vorbereitet.“
Quelle: Nordsee-Zeitung vom 18.05.2020 verfasst von Lars Brockbalz und Dietmar Rose