Diese verrückten Hagener
Nach dem 0:10 kann der FC den MTV Gifhorn komplett abschießen, muss sich aber mit einem 1:1 begnügen
Um das vorwegzunehmen: Der FC Hagen/Uthlede ist in der Fußball-Oberliga Niedersachsen durchaus richtig aufgehoben. Zumindest wenn die Grün-Schwarzen so spielen wie am Sonntagnachmittag im Heimspiel gegen den MTV Gifhorn. Am Ende mussten sich die Hagener zwar mit einem 1:1 (1:1)-Unentschieden zufrieden geben, hatten dabei aber gerade in der zweiten Halbzeit ein wahres Offensivfeuerwerk abgebrannt.
So war es fast schon ein wenig kurios, dass die Mannen von Trainer Carsten Werde nur vier Tage nach dem desaströsen Auftritt beim 0:10 in Spelle-Venhaus tatsächlich selbst einen ähnlichen Kantersieg hätten nachlegen können. Am Ende der kurzweiligen 90 Minuten hatten die Hagener jedenfalls mehrere Hochkaräter und hundertprozentige Chancen liegenlassen. Entsprechend zwiegespalten war dann nach der Partie auch die Stimmungslage bei den FC-Spielern. Auf der einen Seite war die Rehabilitation vollauf gelungen, auf der anderen Seite wussten alle: Dieses Spiel hätte aufgrund der zweiten Hälfte auf jeden Fall gewonnen werden müssen.
Carsten Werde hatte aber noch einen viel wichtigeren Aspekt ausgemacht: „Dass wir nach dem 0:10 hier heute in der zweiten Halbzeit defensiv so stabil waren, war richtig stark. Bis auf den Pfostentreffer hatte Gifhorn keine Chance.“ Jener Pfostentreffer hätte in der Nachspielzeit aber den Spielverlauf beinahe vollkommen auf den Kopf gestellt. Nach einem der wenigen konstruktiven Gifhorner Vorstöße visierte Jovan Hoffart den Außenpfosten an. Nicht auszudenken, was dieser Treffer mit den Hagenern gemacht hätte, nachdem der FC zuvor beinahe ein Dutzend bester Chancen ausgelassen hatte.
Mit einem echten Traumtor waren die Hausherren aber zunächst in der 14. Minute in Führung gegangen. Eine hochgeschlagene Flanke von Mirko Franke köpfte Erik Köhler perfekt zu André Stüßel, der geistesgegenwärtig zum Fallrückzieher ansetzte und damit genau die richtige Entscheidung traf. Der Hagener Jubel war riesengroß, währte aber nur kurz. Denn drei Minuten später glichen die Gäste nach einem ähnlichen Spielzug durch Mario Petry schon wieder aus. Nun war dem Werde-Team die Verunsicherung doch wieder in Ansätzen anzuspüren, Gifhorn zeigte sich weitestgehend ballsicherer und zielstrebiger. Und die Hagener hatten zweimal Glück.
Erst nahm der stark leitende Lukas Benen (Nordhorn) ein Tor des MTV wegen eines Handspiels zurück (28.), kurz darauf vereitelte Yannick Becker mit einem starken Reflex gegen Elvir Zverotic (36.) die scheinbar sichere Gästeführung. Die letzte Aktion der ersten Halbzeit leitete dann das Chancenfestival nach der Pause ein. Nach einer perfekten, aber knallharten flachen Hereingabe brachte Stüßel das Kunststück fertig, das Leder aus nicht einmal einem Meter weit über das Tor zu befördern. Und genau so ging es dann nach Wiederanpfiff mit dem Chancenwucher weiter. Ein starker Distanzschuss von Erik Köhler wurde von Gifhorns Torwart Tobias Krul noch klasse pariert (51.). Bei der nächsten Großchance nur eine Minute später schloss der frei aufs Tor zueilende Stüßel aber zu überhastet ab (52.). Und der Hagener Stürmer vergab auch in der 58. Minute nach perfekter Vorarbeit von Erik Köhler freistehend in der Mitte. Noch schlimmer wurde es dann in der 71. Minute, als zunächst Christoph Müller das Leder aus Nahdistanz nicht über die Linie brachte und kurz darauf der Ball an Freund und Feind durch den Fünfer kullerte und Stüßel am zweiten Pfosten den Braten nicht gerochen hatte.
Dann war der eingewechselte Marc Holler dran (76.), ehe Erik Köhler mit einem klasse Schuss das Lattenkreuz traf (86.). Die letzte dicke Gelegenheit ließ dann Guido Woltmann aus, der ebenfalls völlig frei zum Abschluss kam und weit drüberzog. „Das war ein großer Schritt in die richtige Richtung“, sagte Carsten Werde dennoch, der angesichts der couragierten Leistung seines Teams noch einmal kopfschüttelnd an den Mittwochabend dachte: „Wir können das alle nicht verstehen, was da passiert ist.“
FC Hagen/Uthlede: Yannick Becker – Guido Woltmann, Christoph Müller, Mirko Franke, Justin Sauermilch, Thomas Wischhusen, Marlo Burdorf, Fabio Hausmann, Finn-Niklas Klaus (62. Marc Holler), Erik Köhler, Andre Stüßel (81. Andre Stüßel)
MTV Gifhorn: Tobias Krull – Marc Upmann, Arne Jäger, Fabian Schröder, Luis Prior-Bautista (80. Luis Prior Bautista), Charlie Kolmer, Elvir Zverotic (62. Malte Leese), Mathes Hashagen, Dennis Dubiel, Jovan Hoffart, Mario Petry
Schiedsrichter: Lukas Benen (Nordhorn)
Tore: 1:0 Andre Stüßel (14.), 1:1 Mario Petry (17.)
Quelle: Weser-Kurier vom 25.11.2019 verfasst von Tobias Dohr