Ein Turnier, das (fast) keinen interessiert
Mannschaftsführer hiesiger Fußball-Vereine zeigen sich vom Confed-Cup in Russland wenig begeistert
Sportlich belanglose und überflüssige Belastung oder sinnvolle Generalprobe für die Weltmeisterschaft 2018? Am FIFA-Confederations-Cup, der seit vergangenem Wochenende in Russland läuft und bisher eher durch bescheidenes Spielniveau und nur halb volle Stadien denn durch Fußballfeste auffiel, scheiden sich seit Jahren die Geister. Auch im Landkreis Osterholz wird über das Turnier, bei dem neben Deutschlands B-Mannschaft unter anderem WM-Gastgeber Russland, Chile oder Europameister Portugal teilnehmen, diskutiert – mit einer klaren Tendenz.
„Man könnte dieses Turnier einfach ersatzlos streichen, da es in meinen Augen sinnlos und sportlich uninteressant ist“, outet sich Niklas Kutz als Gegner der „Mini-WM“. Letztes Jahr reiste der Kapitän der TuSG Ritterhude noch begeistert durch Frankreich und erlebte die EM hautnah. Und in dieses Horn stoßen so ziemlich alle anderen Kapitäne der hiesigen Fußballteams. Speziell der mangelnde sportliche Reiz, welcher sehr gut an der Kaderzusammenstellung von Bundestrainer Joachim Löw abzulesen ist, sorgt für mangelndes Interesse.
„Da sind vielleicht fünf Spieler dabei, die nächstes Jahr im Kader bei der WM stehen. Das verdeutlicht schon den Stellenwert“, sagt Bornreihe-Spielführer Nils Gresens, der lieber mit Freunden das Wetter am Grill genießt, als sich unbedingt ein Spiel der deutschen B-Elf anzugucken.
Ähnlich sehen das auch Rafael Monsees vom Landesliga-Absteiger SV Komet Pennigbüttel und Hambergens Captain Lukas Böttjer. Beide sehen die Herangehensweise von Löw, der vorwiegend auf junge Perspektivspieler setzt, zwar als richtig an, vermissen dennoch den Wettkampfcharakter und fiebern daher nicht mit.„Für die jungen Spieler ist das schon eine gute Sache, und Löw macht das richtig, sie auszuprobieren. Dennoch ist die Veranstaltung überflüssig. Ich habe bisher noch nichts gesehen und würde mir dafür auch nicht extra Zeit nehmen“, sagt Monsees, der von Böttjer unterstützt wird: „Für die Nachwuchsspieler ist das eine Chance, aber da ist ein Juniorenturnier viel sinnvoller. Daher gucke ich viel lieber die U 21-EM. Die Jungs dort wollen richtig, weil es um etwas geht.“
Johann Boger hat zwar schon Spiele gesehen, begeistert ist der spielende Co-Trainer des Bezirksliga-Aufsteigers ATSV Scharmbeckstotel aber nicht. „Ich habe mir zwei Spiele angeguckt und muss sagen, dass das Niveau schlecht und das Turnier sinnlos ist. Man merkt, dass der Titel nichts wert ist und die Spannung fehlt“, moniert Boger, der sich wie die anderen Spielführer dennoch schon sehr auf die Weltmeisterschaft im kommenden Jahr in seinem Heimatland freut. „Das hat einen ganz anderen Stellenwert, das kann man überhaupt nicht vergleichen. Da fiebern alle mit“, blickt der Routinier bereits jetzt auf den kommenden Sommer.
Ähnlich sieht es bei Mario Bolduan vom FC Worpswede aus, für den der schlecht besuchte Confederations-Cup auch die Rolle als Testlauf verfehlt. „Das ist kein wirklicher Test für die Infrastruktur, da einfach weniger los ist und auch keine gute Stimmung herrscht. Auch das fußballerische Niveau ist überschaubar. Zwar werde ich Spiele wie Deutschland gegen Chile wohl gucken, die Vorfreude einer WM fehlt aber komplett und das Fieber steigt in mir nicht hoch“, sagt Bolduan.
Kevin Bähr, Spielführer des SV Lilienthal/Falkenberg, führt noch einen weiteren negativen Aspekt an, der in seinen Augen gegen den Confed-Cup spricht: „Das ist eine Überbelastung der Spieler. Wenn man sieht, wie viele Partien Akteure von Bundesligisten bestreiten müssen, dann ist eine Pause einfach wichtig und notwendig“, findet Bähr, der den Auftritt der deutschen Mannschaft gegen Australien jedoch recht ansehnlich fand und Chile als Titelfavoriten sieht.
Bei aller berechtigten Kritik und dem Desinteresse gibt es aber dennoch auch Befürworter. Neben Ex-Bundestrainer Jürgen Klinsmann zählt auch Hagens Axel France dazu: „Ich schaue mir das gerne an und finde das ganz interessant. Es ist eine wichtige Generalprobe, und neue Spieler können sich beweisen. Deutschlands Spiel brachte viel Licht und auf der Torwartposition auch etwas Schatten“, analysiert der FCH-Akteur den 3:2-Auftaktsieg, bei dem Keeper Bernd Leno nicht wirklich gut aussah.
Und immerhin bietet der Wettbewerb in der punktspielfreien Zeit ja auch die Möglichkeit, die Fußball-Sucht zu befriedigen, ohne selbst die geschundenen Knochen zu beanspruchen: „Ich selber brauche nach so einer langen Saison schon eine Pause, aber im Fernsehen kann ich das immer gucken. Da keine Bundesliga läuft, ist es immerhin eine Option“, stellt der glühende Werder-Fan Rafael Monsees lachend fest und findet deshalb Positives am Confed-Cup.
Es bleibt dennoch festzuhalten, dass dieses Turnier auch im Landkreis Osterholz keinen von den Stühlen reißt und sich das Interesse ziemlich in Grenzen hält. Wenn es die deutschen Youngster aber doch ins Finale schaffen sollten, werden wohl auch die Spielführer der Region vor dem Fernseher sitzen und vielleicht sogar ein bisschen mitfiebern. Die nächste Chance dazu besteht ja schon am heutigen Donnerstag, wenn „Jogis Buben“ ab 20 Uhr auf Chile treffen. Schaun mer mal.