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Bornreihe ballert Hagen aus dem Teufelsmoor

Rickers-Team übernimmt nach beeindruckendem 5:0-Sieg vor 1000 Zuschauern im Landesliga-Gipfeltreffen die Tabellenspitze

Michael Rickers war selbst nach der wohl mit Abstand stärksten Saisonleistung seiner Mannschaft sichtlich darum bemüht, den Ball flach zu halten. Angesprochen auf die Tabellenführung, die sein SV Blau-Weiß Bornreihe mit dem ziemlich beeindruckenden 5:0 (1:0)-Heimsieg über den FC Hagen/Uthlede gerade erobert hatte, spielte der Trainer des Fußball-Landesligisten den Unwissenden: „Ja, das hab ich auch schon irgendwie gehört, dass da was sein soll.“

Der Trainer der „Moorteufel“ musste bei dieser Aussage selbst ein wenig grinsen – wohlweislich, dass er aus dieser Nummer nun erst mal nicht mehr rauskommt. Nicht nach dieser Leistung seines Teams. Nicht nachdem die Bornreiher gerade den bisher so souverän durch die Saison marschierten FC Hagen/Uthlede regelrecht aus dem Stadion geballert hatten. Und natürlich auch nicht beim aktuellen Bild der Tabelle. Vier Spieltage vor Saisonende stehen die Blau-Weißen nun nämlich auf Rang eins – punktgleich mit dem Team von Trainer Gunnar Schmidt. Aber durch dieses 5:0 eben auch um vier Tore besser.

Während die Bornreiher nach Spielende ausgiebig feierten, stand Schmidt noch lange nachdenklich auf dem Platz. „Es ist mir ein absolutes Rätsel, wie wir hier heute aufgetreten sind.“ Bereits am vergangenen Mittwoch, beim mit 0:3 verlorenen Pokalfinale bei Treubund Lüneburg hatten die Hagener komplett enttäuscht. Die schlechteste Saisonleistung hatte Schmidt seiner Elf gar attestieren müssen. Am gestrigen Sonntag war es im Teufelsmoor dann vermutlich die zweitschlechteste. Zumindest in der zweiten Hälfte.

Schmidt hatte sein Team mit einer Fünferkette aufs Feld geschickt, um die Wege im Defensivverbund kurz zu halten und das Bornreiher Flügelspiel zu stoppen. Diese Taktik ging zumindest in der ersten halbe Stunde auf. Chancen gab es zunächst auf beiden Seiten keine, dafür viele, viele Fouls. Bühring foulte Poppe, Diesing foulte Schäfer, Gresens gegen Diesing oder Augsburg gegen Seidenberg. Auf jedem Quadratzentimeter des Rasens ging es zur Sache – wohl betont: niemals unfair oder vorsätzlich böswillig.

Als sich viele der 1000 Zuschauer schon mit dem 0:0 zur Pause abgefunden hatten, verlängerte Torben Poppe einen langen Ball direkt in den Lauf von Jascha Stern. Der Ex-Hagener zog innen an Frederik Bühring vorbei und köpfte am weit herausgeeilten Nico Eden vorbei ins leere Tor. In der Pause stellte Schmidt um, löste die hintere 5er-Reihe auf und brachte mit André Stüßel einen Stürmer in die Partie. Es blieb ein intensives und enges Spiel, in dem Hagen gerade etwas dominanter zu werden schien, als Bornreihe zuschlug.

Nach einem blitzschnell ausgeführten Einwurf landete der Ball beim kurz zuvor eingewechselten Jorit Bierwald, der im Sechzehner auf Philip Bähr zurücklegte. Und der hatte ausreichend Zeit, um in Ruhe einzuschieben (69.). An der Seitenlinie brüllten sich Gunnar Schmidt und sein Co-Trainer Carsten Werde die Seele aus dem Leib. „Spielt doch Fußball“ schallte es bestimmt 20 Mal über die Anlage. Doch es spielten nur noch die „Moorteufel“. Und wie.

Torben Poppe verwertete eine lang gezogene Freistoßflanke von Christian Leopold in bester Torjägermanier mit dem Kopf zum 3:0 (73.). Fünf Minuten später kam dann der Auftritt von Christoph Müller. Der Innenverteidiger, der in der kommenden Spielzeit bekanntlich zum FC Hagen/Uthlede wechselt, behielt nach einem Foul von Nico Eden am Ex-Hagener Jascha Stern vom Elfmeterpunkt die Ruhe und verwandelte sicher zum 4:0 (78.).

Kurz darauf zappelte das Leder schon wieder im Netz, doch der schöne Heber aus fast 30 Metern von Dennis Heineke zählte wegen Abseitsstellung nicht. Bezeichnenderweise hatte Jöran Korf vor dieser Aktion unbedrängt über den Ball geschlagen. Es war der wohl letzte Beweis dafür, dass die Gäste einen wirklich pechschwarzen Tag erwischt hatten. „Wir wollten in der zweiten Hälfte offensiver agieren und kassieren vier Tore“, schüttelte Gunnar Schmidt den Kopf. Beim fünften Gegentreffer spielten die Blau-Weißen endgültig Katz und Maus mit den Hagenern. Marc-Lennard Uhlhorn legte nach einem Leopold-Traumpass uneigennützig quer auf Heineke, der schob das Leder anschließend noch einmal zurück in die Mitte und Uhlhorn traf zum 5:0-Endstand. Die Hagener Demütigung war perfekt.

Und Bornreihe? Nach dieser Machtdemonstration? Nach dem dreizehnten Spiel in Folge ohne Niederlage? „Die Tabelle ist so eng“, sagte Michael Rickers. „Wir halten an unserem Ziel fest. Und das lautet: Platz eins bis drei.“ Dabei grinste der „Moorteufel“-Coach übrigens nicht mehr.

SV Blau-Weiß Bornreihe: Augsburg – Lütjen (65. Bierwald), Kaluza, Leopold, Stern (80. Uhlhorn), Schäfer, Gresens, Dietrich, Müller, Bähr (70. Heineke), Poppe

FC Hagen/Uthlede: Eden – Bühring, Korf, Tietjen (46. Stüßel), Wischhusen, Franke, Burdorf, Dähnenkamp, Knoop, Diesing (63. Woltmann), Seidenberg (76. Theilmann)

Tore: 1:0 Stern (41.), 2:0 Bähr (68.), 3:0 Poppe (73.), 4:0 Müller (79./FE), 5:0 Uhlhorn (88.)

NACHGEFRAGT BEI JASCHA STERN UND MARLO BURDORF

Herr Stern, Sie haben das 1:0 geschossen und damit den Sieg auf den Weg gebracht.

Jascha Stern: Das war ein überragendes Zuspiel. Ich bin dann durchgelaufen und der Torwart hat sich verschätzt. Und dann bin ich mit dem Kopf an den Ball gekommen.

Können Sie sich erinnern, wann Sie das letzte Mal mit dem Kopf getroffen haben?

Ich weiß gar nicht, ob ich überhaupt schon einmal mit dem Kopf getroffen habe. Aber das Tor war leer, da war das nicht schwer.

Hagen hatte sehr defensiv und vorsichtig begonnen. Da hatten Sie auf der Außenbahn zunächst einen schweren Stand.

Ja, die haben hinten mit einer Dreierkette gespielt und mit zwei Außen, die mit in die Kette gerückt sind, wenn wir den Ball hatten. Da wurde ich oft manngedeckt. Da war es natürlich nicht einfach, über außen Druck zu machen. Nachdem wir das 1:0 gemacht hatten, wurde es leichter.

Und natürlich herzlichen Glückwunsch, der SV Blau-Weiß ist Tabellenführer!

Das kann ich noch nicht fassen, nach der Hinrunde mit sieben Niederlagen.

Hatten Sie vorher eigentlich ausgerechnet, wie viele Tore das Team schießen musste, um die Tabellenführung zu übernehmen?

Wir denken immer von Spiel zu Spiel, sagt unser Trainer. Und ich habe ehrlich nicht damit gerechnet, dass wir gegen Hagen mit 5:0 gewinnen würden.

Wird jetzt alles anders? Blau-Weiß hatte noch vor gar nicht so langer Zeit niemand auf dem Schirm. Jetzt wird der Jäger ganz plötzlich zum Gejagten.

Unser Ziel war es, unter die ersten drei zu kommen. Jetzt wird man sehen, was am Ende dabei herauskommt.

Wenn man vier Spieltage vor Saisonende die Tabelle anführt, dann kann das Ziel doch nicht mehr lauten, Dritter zu werden.

Platz zwei ist uns jetzt wohl schon ziemlich sicher.

Herr Burdorf, was ist alles schief gelaufen?

Marlo Burdorf: Alles. Einfach alles ist falsch gelaufen. Ballverlust, schnell nach vorne gespielt, klassisch ausgekontert.

Anfangs stand das Team hinten noch recht sicher.

Ja. Aber in der zweiten Halbzeit nicht mehr. Überhaupt nicht mehr.

Hat das Team sogar etwas zu defensiv angefangen? Mit fünf Leuten hinten?

Das hat in der ersten Halbzeit gut ausgesehen. Dann kriegt man dieses eine Ding. Dann kommt der Diagonalpass, und dann kann man den Poppe nicht verteidigen.

Der Trainer hat nach dem Wechsel mehr riskiert und einen weiteren Angreifer gebracht.

Und das ging dann nach hinten los.

Hätte das Team besser vorsichtiger weiterspielen sollen? Der Vorsprung im Torverhältnis ist futsch.

Man weiß nicht, ob das dann genauso gelaufen wäre. Und ein 5:0 ist eine ganz schöne Hausnummer.

Jetzt sind die Rollen vertauscht. Hagen ist nicht mehr der Gejagte. Kann das einiges etwas einfacher machen?

Das hat gar keine Auswirkungen. Wir müssen die letzten vier Spiele gewinnen, und dann sehen wir weiter.

JASCHA STERN brachte mit dem Führungstreffer den SV BW Bornreihe auf die Siegerstraße. Der 25-Jährige wechselte vor einem Jahr vom FC Hagen/Uthlede nach Bornreihe. Jascha Stern arbeitet als Industriekaufmann bei Frosta in Bremerhaven.

MARLO BURDORF ist der Ur-Hagener schlechthin und hat nie bei einem anderen Verein gespielt. Der 25-Jährige ist Mannschaftskapitän des Teams. Marlo Burdorf studiert Wirtschaft in Münster, kann das Studium von Hagen aus fortführen.


Quelle: Weser-Kurier vom 10.05.2016 verfasst von Tobias Dohr